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FAQs Gasmangellage
Sie haben Fragen zu den aktuellen Entwicklungen am Energiemarkt?
Auf die am häufigsten gestellten Fragen finden Sie hier eine Antwort.
Technische Fragen
1. Wie ist das Gasnetz aufgebaut?
Netze und Speicher sind die Infrastruktur für unsere Gasversorgung. Bürgerinnen und Bürger sowie Wirtschaft werden über insgesamt 540.000 Kilometer Leitungen mit Gas versorgt. Gasnetze werden unterschieden in Gasfernleitungsnetze und Gasverteilernetze.
Die insgesamt 40.000 Kilometer langen Fernleitungsnetze transportieren das Gas von den Erdgasfeldern in der Nordsee, in Osteuropa und im Nahen Osten nach Deutschland - also über lange Distanzen. Sie sind quasi die Autobahnen der Gasversorgung. Die Fernleitungen haben einen Durchmesser von bis zu 1,4 Metern und arbeiten mit einem Druck bis zu 84 bar.
Die engmaschigen, knapp 500.000 Kilometer langen Verteilnetze transportieren das Gas wiederum von den Fernleitungen zu allen Verbrauchern. Um im Bild zu bleiben: Verteilnetze sind quasi alle Verkehrswege - von den Landstraßen bis zur kleinsten Gasse. Privathaushalte sind also an die Verteilnetze angeschlossen. Verteilnetze unterscheiden sich noch einmal in Netze, die im Mitteldruck (100 mbar bis 1 bar) und jene, die im Niederdruck (22 mbar bis 100 mbar), arbeiten. Ziel der Netzbetreiber ist immer, diesen Druck auch zu halten. Im Vergleich zu Stromnetzen, die die Spannung in einem engen Korridor stabilisieren müssen, haben die Betreiber von Gasnetzen jedoch etwas mehr Spielraum.
Ergänzt werden die Netze durch Speicher. Die großen unterirdischen Speicher werden eingesetzt, um den Druck in den Netzen stabil und damit die Versorgung sicher zu halten. Ein Beispiel: Im Sommer, wenn Gasverbrauch und -nachfrage sinken, wird Gas in die Speicher gefüllt. Im Winter, wenn Gasverbrauch und -nachfrage steigen, wird Gas aus den Speichern zum Heizen etc. entnommen. Neben den unterschiedlichen Aufgaben von Fernleitungs- und Verteilnetzen unterscheiden sie sich auch in der Steuerung. Das hat Auswirkungen auf die Aufgaben der Versorgung (siehe nächste Frage).
2. Wie funktioniert die Versorgung über das Netz? Worin besteht technisch die Herausforderung eine stabile Versorgung zu sichern? Braucht man z.B. einen Mindestdruck?
Grundsätzlich muss man zwischen druck- und mengengesteuerten Netzen unterscheiden.
Fernleitungsnetze sind mengengesteuert. Die Betreiber der Fernleitungsnetze können Schwankungen bei Einspeisung und Ausspeisung ausgleichen. So kann der Netzbetreiber den Druck variieren und die Leitung quasi als Puffer bzw. Speicher nutzen, um Ein- und Ausspeisungen auszugleichen.
Verteilnetze sind meist druckgesteuert. In normalen Zeiten hält der Netzbetreiber i.d.R. den Druck über seine Regelanlagen konstant – und zwar unabhängig vom Verbrauch, der z.B. mit der Tages- oder Jahreszeit etc. variiert.
Das Problem bei einem Gaslieferstopp: Der Gas-Nachschub fehlt. Sprich: Die Kunden verbrauchen genau so viel Gas wie immer, jedoch könnte nicht mehr genug bzw. kein Gas nachfließen. Die Folge: Der Druck im Netz würde absinken.
Dabei gibt es zwar grundsätzlich gewisse Spielräume für die Netzbetreiber, jedoch technisch eine klare Mindestdruckgrenze: Sie darf nicht unterschritten werden. Würde das passieren, würden sich die Geräte und Anlagen der Kunden automatisch abschalten bzw. ausfallen – und zwar sowohl bei der Industrie als auch bei geschützten Kunden, wie den Privathaushalten.
Um genau das zu verhindern und die Versorgung der geschützten Kunden auch bei einer Gasmangellage bestmöglich zu sichern, dürfen und müssen Netzbetreiber bei Bedarf eigene Maßnahmen für den sicheren und zuverlässigen Betrieb der Gasnetze ergreifen: z.B. Speicher oder vertragliche Abschaltungen bis hin zu Abschaltungen der Industrie. In der Notfallstufe kann die Bundesnetzagentur als Bundeslastverteiler zusätzlich hoheitliche Maßnahmen per Allgemeinverfügung oder gegenüber Großverbrauchern wie z. B. der Industrie auch per Individualverfügung anordnen. Ziel ist, die Menge an Gas einzusparen, die nicht mehr über die vorgelagerten Netze nachgeschoben werden kann, so dass die Mindestdruckgrenze nicht unterschritten wird.
3. Was ist die zweite Stufe (Alarmstufe) im Notfallplan Gas?
Der Notfallplan Gas sieht drei Eskalationsstufen vor, nämlich die Frühwarnstufe, die Alarmstufe und die Notfallstufe.
Die Bundesregierung
hat für die Gasversorgung in Deutschland die zweite Stufe des Notfallplans
aktiviert. In der Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Klimaschutz vom 23.06.2022 heißt es: „Grund für die Ausrufung der Alarmstufe
ist die seit dem 14. Juni 2022 bestehende Kürzung der Gaslieferungen aus
Russland und das weiterhin hohe Preiseniveau am Gasmarkt. […]“
Das bereits etablierte Krisenteam auf Bundesebene bewertet weiterhin fortlaufend die Versorgungslage. Die Versorgung besonders geschützter Kunden steht dabei im Vordergrund. Laut Bundesnetzagentur ist die Gasversorgung in Deutschland derzeit gesichert, die Versorgungssicherheit sowohl für Haushaltskunden als auch für Unternehmen und Industrie ist derzeit weiterhin gewährleistet.
Bereits seit
Ausrufung der ersten Stufe des Notfallplans hat die gesamte Energiewirtschaft
die Möglichkeit, marktbasierte Maßnahmen zur Sicherung der Gasversorgung zu
ergreifen. Dazu gehören die Optimierung von Lastflüssen, die Verlagerung von
Erdgasmengen in Zusammenarbeit mit Netzbetreibern in Deutschland sowie im
benachbarten Ausland oder auch die Nutzung von unterbrechbaren Verträgen.
In diesem
Zusammenhang kann nach Aktivierung weiterer Krisenstufen auch die
Bundesnetzagentur (BNetzA) hoheitliche Maßnahmen durchführen, die durch die
Netzbetreiber ausgeführt werden. Dadurch steht allen an der Versorgung
Beteiligten ein umfangreiches Instrumentarium zur Verfügung, um die Deckung des
lebenswichtigen Bedarfs an Energie zu sichern und Folgeschäden zu minimieren.
Weiterführende Informationen finden Sie in der aktuellen Pressemitteilung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Dort können Sie auch eine detaillierte Liste der häufigsten Fragen zum Notfallplan Gas, der Versorgungslage und den drei Eskalationsstufen herunterladen.
4. Wer fällt unter den Begriff „geschützte Kunden“?
Geschützte Kunden sind gemäß Energiewirtschaftsgesetz (§ 53a EnWG) alle:
- Haushaltskunden sowie weitere Letztverbraucher im Erdgasverteilernetz, bei denen standardisierte Lastprofile anzuwenden sind, oder Letztverbraucher im Erdgasverteilernetz, die Haushaltskunden zum Zwecke der Wärmeversorgung beliefern und zwar zu dem Teil, der für die Wärmelieferung benötigt wird,
- grundlegenden soziale Dienste im Sinne des Artikels 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 im Erdgasverteilernetz und im Fernleitungsnetz,
- Fernwärmeanlagen, soweit sie Wärme an Kunden im Sinne der Nummern 1 und 2 liefern, an ein Erdgasverteilernetz oder ein Fernleitungsnetz angeschlossen sind und keinen Brennstoffwechsel vornehmen können, und zwar zu dem Teil, der für die Wärmelieferung benötigt wird.
5. Kann es passieren, dass kein Gas mehr zur Verfügung steht?
Die Ausrufung der zweiten Stufe (Alarmstufe) im Notfallplan Gas als solche hat zunächst einmal keine unmittelbaren Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Gut zu wissen: Auch im Falle
von Versorgungsengpässen sind private Haushalte und soziale Einrichtungen wie
Krankenhäuser durch das Energiewirtschaftsgesetz besonders geschützt. Das
heißt, auch bei einer Gasknappheit ist ihre Versorgung gewährleistet.
6. Kann die Gaszufuhr einzelner Haushalte fernabgeschaltet werden? Oder muss ein Techniker vor Ort eine Abschaltung vornehmen?
Nein, einzelne Haushalte können technisch nicht fernabgeschaltet werden. Ein Netzbetreiber kann einzelne Haushalte in seinem Gebiet nicht aus der Ferne abschalten. Technisch möglich wäre lediglich, den Druck aus der Ferne insgesamt zu reduzieren oder einzelne Stränge vom Netz abzuschalten – zum Beispiel ein Industriegebiet.
Wenn es zu wenig Gas gibt, ergreifen die Netzbetreiber im ersten Schritt ohnehin netz- und marktbezogene Maßnahmen, um eine Gefährdung oder Störung der Gasversorgung zu beseitigen. Dazu gehört, dass Netzbetreiber sich untereinander abstimmen und Lastflüsse im Gasnetz optimieren.
Erst wenn diese milderen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig greifen, sind Netzbetreiber verpflichtet und berechtigt, den Gasfluss für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb der Netze anzupassen. Das heißt, es könnte in diesem Rahmen dazu kommen, dass Netzbetreiber den Gasbezug von Kunden reduzieren oder gar unterbrechen müssen. Abschaltungen wären das letzte Mittel. Dabei gilt: Privathaushalte und soziale Dienste, wie Krankenhäuser und Pflegeheime, sind geschützte Kunden. Sie werden bei einer Gasmangellage vorrangig vor der Industrie versorgt.
Von Abschaltungen wären
zunächst also die nicht-geschützten Kunden betroffen: konkret die Industrie (im
Fachjargon: RLM-Kunden). Sie werden vom Netzbetreiber aufgefordert, ihren
Verbrauch gemäß den Vorgaben zu reduzieren. Erst wenn die Abschaltung der
nicht-geschützten Kunden die Gasmangellage nicht lindert, kommt es zu weiteren
Maßnahmen, die auch die Minderung des Gasbezugs bei oder gar die Abschaltung
von geschützten Kunden umfassen könnte.
Technisch erfolgt eine
Abschaltung der Kunden, indem der Netzbetreiber einzelne Netzteile via
Streckenschieber oder Netzstationen trennt. Da sich so aber meist nur
einzelne Stränge mit vielen Kunden vom Netz abschalten ließen, würden die
Netzbetreiber eher die Industrie auffordern, ihren Verbrauch zu reduzieren und
so die Versorgung der Privathaushalte zu sichern. Alternativ könnte der Netzbetreiber
auch den Druck in einem Netzgebiet deutlich reduzieren, so dass sich durch
Selbstabschaltung einzelner Verbrauchsgeräten das Netz selbst stabilisiert.
Zuvor muss der Netzbetreiber jedoch die Kunden informieren.
7. Kann Gas für Haushalte rationiert werden oder nur vollständig abgeschaltet werden?
Rationierungen für Haushalte sind technisch kaum möglich. Wenn nicht genügend Gas für alle da ist, muss der Netzbetreiber handeln bzw. in der Notfallstufe kann zusätzlich die Bundesnetzagentur handeln.
Den Ausschlag gibt zunächst die
Netztechnik: Abschaltungen sind die letzten Mittel, wenn nicht mehr genügend
Gas für alle Anwendungen vorhanden ist und die Versorgung in Gänze gefährdet
ist. Dabei gilt: Zuerst würden große Verbraucher wie die Industrie abgeschaltet.
Privathaushalte sind erstmal geschützte Kunden und werden weiter versorgt.
Bei Abschaltungen muss der
Netzbetreiber abwägen und die Geeignetheit, Sachgerechtigkeit und
Verhältnismäßigkeit etwaiger Maßnahmen im Einzelfall prüfen - auch im Lichte
der notwendigen Dauer von Maßnahmen. Eine detaillierte vorgegebene
Abschaltreihenfolge gibt es nicht - auch nicht für Industrieunternehmen.
8. Ist es möglich, Gas über Tageszeiten zu rationieren (also beispielsweise Abschaltungen über Nacht etc.)?
Nein. Dieser Ansatz wäre für die Verteilnetzbetreiber schlicht und ergreifend nicht praktikabel. Der Aufwand zur Rationierung wäre nicht einfach nur hoch, sondern nicht zu leisten.
Beispiel Industriekunden: Der
Netzbetreiber müsste mehrmals täglich den Schieber an- und abschalten. Das
würde auch voraussetzen, dass das Hauptventil öffentlich zugänglich ist, denn
eine Abschaltung durch die Netzleitstelle aus der Ferne ist auch bei
Industriekunden kaum möglich.
Beispiel Privathaushalte: Hier wären Rationierungen noch komplizierter. Der Netzbetreiber müsste die Hauptabsperreinrichtung aktiv öffnen bzw. schließen. Seine Technik-Trupps müssten dann zum Beispiel jeden Abend ausrücken, um die Ventile über Nacht zu schließen.
Beide Beispiele zeigen, weshalb Gas-Rationierungen kein nützliches und damit kein sinnvolles Instrument sind.
Praktikabler ist der Aufruf des
Netzbetreibers an die Kunden, ihren Verbrauch zu reduzieren. Die Schieber
könnten offenbleiben. Privathaushalte sollen dann freiwillig ihren Verbrauch
reduzieren, sodass insgesamt die Versorgung länger erhalten bliebe. Die
Industrie wiederum könnte ihren Produktionsprozess an die vorgegebene,
reduzierte Gasmenge anpassen und so einen Beitrag leisten, um die
Privathaushalte vor einem Ausfall der Versorgung zu schützen.
9. Lässt sich die Gasversorgung nach einer Abschaltung problemlos wieder einschalten?
Sobald die Ventile der Pipelines geschlossen werden, kommt kein neues Gas mehr nach. Das bereits nach Deutschland transportierte Gas „steht” dann in der Leitung – quasi wie bei einem Speicher. Weil kein Gas mehr nachfließt, zugleich jedoch weiter Gas verbraucht wird, baut sich der Druck in der Leitung langsam ab – sofern die Netzbetreiber keine Gegenmaßnahmen ergreifen.
Insgesamt würde bei einem Lieferstopp der Druck sowohl in den vorgelagerten Netzen der Fernleitungsnetzbetreiber (quasi den Autobahnen) als auch in den nachgelagerten Netzen der Verteilernetzbetreiber (quasi den Land- und Kreisstraßen) langsam zu sinken beginnen.
Deswegen müssen beide Maßnahmen ergreifen. Während Händler die Flexibilitätspotenziale auf der Beschaffungsseite ausschöpfen und sich bei Lieferausfällen um die Beschaffung von Ersatzmengen bemühen, können auch die Netzbetreiber verschiedene Maßnahmen ergreifen: von der engen Abstimmung über die Optimierung der Lastflüsse im Netz bis zum Absenken des Drucks in den Netzen. Abschaltungen sind das letzte Mittel.
Wenn es zu Abschaltungen kommen muss, ist es nicht leicht, die Versorgung wiederherzustellen. Die Netzbetreiber müssten beim Wiederanfahren ihrer Netze verschiedene technische Faktoren berücksichtigen: etwa den Druck oder unterschiedliche Steuerungs- und Sicherungsgeräte, z.B. Absperrventile oder Gasmangelsicherungen in Gasdruckregelgeräten. Daran schließen sich auch die praktischen Möglichkeiten zum Wiederanfahren an: Manche Verbraucher lassen sich automatisch wieder versorgen. Andere müssen manuell von einem Techniker wieder ans Netz genommen werden – sprich: Installateure müssten die Gasanlage des Kunden wieder in Betrieb nehmen. Aus diesen Gründen wäre die Zeitspanne, in der die Versorgung wieder wie gewohnt hergestellt werden kann, von Ort zu Ort verschieden und kaum vorab zu bestimmen.
Weiterführende Informationen: https://www.dvgw.de/der-dvgw/aktuelles/presse/pressematerial/gasversorgung-in-deutschland
10. Gibt es im Fall eines Lieferstopps regionale Unterschiede bei der Gasversorgung (Ost-West-Unterschied)?
Ja. Wenn kein Gas mehr aus Russland ankommt, wären zunächst die Bundesländer/Menschen im Osten und dann im Süden Deutschlands betroffen. Grund sind die Struktur unserer Netze, Hydraulik und die Fließrichtung des Gases: Gas aus Russland fließt vom Osten in den Westen und Süden. LNG-Gas gelangt in der Regel aus den Häfen im europäischen Ausland (z.B. Rotterdam) nach Deutschland.
11. Wie lange halten die Speichervorräte?
Wie lange die Vorräte in den Speichern halten, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören zum Beispiel die gelieferten ebenso wie die eingespeicherten Gasmengen, die technischen Herausforderungen der Netze beim Gastransport, mögliche Solidaritätsbitten aus anderen EU-Ländern und natürlich der Verbrauch. Dessen Höhe wird ebenfalls von verschiedenen Faktoren beeinflusst: von den Temperaturen bis zum Verhalten aller Verbraucher.
Wenn die Bürgerinnen und Bürger
bewusst weniger Gas verbrauchen und z.B. ihre Heizung ein paar Grad nach unten
regeln, halten die Gas-Vorräte länger. Gleiches gilt für die Industrie:
Betriebe, die ihre Energieeffizienz-Potenziale ausschöpfen oder auf Bitten der
Netzbetreiber oder auf Anordnung der Bundesnetzagentur weniger verbrauchen,
sorgen ebenfalls dafür, dass die Vorräte in den Speichern länger halten. Ein
weiteres Kriterium wäre der Zeitpunkt, zu dem kein Gas aus Russland mehr
fließt. Speicher werden grundsätzlich über den Sommer hinweg gefüllt und im
Winter geleert. Je früher kein Gas mehr käme, umso schwieriger wäre es, die
Speicher zu füllen.
Faustformel für Zeitpunkt und
Verbrauch: Je weniger Gas wir im Frühling und Sommer verbrauchen, desto besser
unsere Lage im Winter.
Theoretisch bzw. rechnerisch
könnte Deutschland sich bei vollen Speichern und einem Verbrauch auf mittlerem
Jahresniveau einige Monaten allein aus den Speichern versorgen. Praktisch bzw.
physikalisch ist eine belastbare und verlässliche Prognose wegen der Vielzahl
an Variablen nicht möglich. Definitiv lässt sich jedoch sagen, dass die
deutschen Gasspeicher einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungssicherheit in
Deutschland und Europa leisten und helfen würden, die Folgen eines Lieferstopps
abzumildern.
12. Es wurde viel von Mindestfüllständen bei Speichern geredet. Kann man nicht einfach die Speicher zu 100 Prozent füllen?
Das Speichervolumen besteht aus dem sogenannten Arbeits- und Kissengas. Das Arbeitsgas ist für den Verbrauch bestimmt. Es wird also ein- und ausgespeichert und macht das Gros des Speichervolumens aus. Das sogenannte Kissengas hat einen deutlich kleineren Anteil am Speichervolumen, muss allerdings permanent im Speicher bleiben: Als Puffer sichert Kissengas nämlich konstant den physikalisch notwendigen Mindest-Druck im Speicher, wodurch es technisch möglich ist, Gas ein- oder ausspeichern zu können.
Deswegen brauchen Betreiber also stets selbst diesen kleinen Puffer an Kissengas in ihrem Speicher. Um abseits des Puffers die vorhandenen Speichervolumina optimal zu nutzen, gelten nun jedoch bundesgesetzlich vorgegebene Mindestfüllstände: Am 1. Oktober eines Jahres sollen die Speicher zu 80 Prozent, am 1. November zu 90 Prozent und am 1. Februar zu 40 Prozent gefüllt sein. Eine vergleichbare Verordnung wird auch auf EU-Ebene entwickelt. Fazit: Das Volumen der Speicher wird also bereits optimal genutzt.
13. Kommen wir über den Winter, wenn die Speicher zu 100 Prozent gefüllt sind, oder brauchen wir zusätzlich das Gas aus den russischen Pipelines bzw. von jetzt an von anderen Lieferanten?
23 Milliarden Kubikmeter Fassungsvolumen der Speicher auf der einen Seite und ein Jahresverbrauch von 86,5 Milliarden Kubikmeter (Quelle: Statista 2020) auf der anderen Seite.
Zur Beantwortung der Frage entscheidend ist, wieviel Erdgas aus anderen Importländern zur Verfügung steht und wie hoch der Gasverbrauch, also die Nachfrage von Privathaushalten und Industrie in Deutschland ist. Privathaushalte machen im Durchschnitt 31 Prozent unseres Gasverbrauchs aus– insbesondere fürs Heizen. Deshalb schwankt die Nachfrage über die Jahreszeiten stark: Im Sommer verbrauchen Privathaushalte wenig, im Winter naturgemäß viel.
In der kalten Jahreszeit fließen gut zwei Drittel unseres gesamten Gasbedarfs durch die Leitungen. Dementsprechend findet sich in den Händen der Verbraucherinnen und Verbraucher auch der stärkste Hebel: Sie können die Folgen eines Gasembargos oder -lieferstopps erheblich mildern, wenn sie freiwillig ihren Verbrauch reduzieren. Jeder eingesparte Kubikmeter Gas hilft.
14. Gibt es auch die Gefahr eines Blackouts (einer Strommangellage)?
Unsere Stromversorgung beruht auf unterschiedlichen erneuerbaren sowie konventionellen Energieträgern. Gaskraftwerke hatten in Deutschland 2021 einen Anteil von rund 15 Prozent an der gesamten Bruttostromerzeugung.
Erste Analysen mit
Kurzfristperspektive zeigen, dass lediglich eine kleine Menge an Gas für
Gaskraftwerke benötigt würde, die aufgrund ihrer Standorte im Hinblick auf die
Systemsicherheit in den Stromnetzen als systemrelevant gelten. Diese genießen
aufgrund ihrer Bedeutung für die Stromversorgung auch einen besonderen Status
und würden in der Notfallstufe erst als allerletzte Handlungsoption des
Bundeslastverteilers (BNetzA) im Gasbezug reduziert.
Insofern stellen bereits die
Regularien, die in dieser Krisensituation greifen, sicher, dass für die
Stromversorgung abstrakte Gefahren aus einer Gasmangellage auf das absolute
Minimum reduziert werden.
Die Bundesregierung plant für
den Fall einer Gefährdung des Gasversorgungssystems, den Anteil von
Gaskraftwerken an der Stromerzeugung möglichst zu reduzieren und auf andere
verfügbare Energieträger (insbesondere Kohle) auszuweichen, um mehr Gas für
andere Verwendungen verfügbar zu haben. Zu diesem Zweck wurde das „Gesetz zur
Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor
im Fall einer drohenden Gasmangellage durch Änderungen des
Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energiewirtschaftlicher Vorschriften“
(Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz – EKBG) auf den Weg gebracht.
15. Wie lange braucht es, die bestellten Floating-LNG-Terminals ans Gasnetz anzuschließen; sind die Terminals auch vor dem Netzanschluss nutzbar?
Flüssiggas (LNG: Liquefied natural gas) muss in gasförmiges Erdgas umgewandelt werden. Dafür braucht es bestimmte Anlagen: LNG-Terminals erwärmen und verdichten das Flüssiggas. So bereiten sie Flüssiggas zu Erdgas auf. Im Anschluss wird das Gas in die Fernleitungsnetze für herkömmliches Erdgas eingespeist. An den Terminals kann das LNG auch auf kleinere Schiffe, Güterwaggons oder Lastwagen verladen werden.
Weil der Bau von stationären
LNG-Terminals Zeit braucht, beabsichtigt die Bundesregierung vier schwimmende
LNG-Terminals als kurzfristig verfügbare Alternative zu chartern.
Spezialschiffe können das LNG von Tankern aufnehmen, sodass es an Bord dieser
sogenannten Floating Storage and Regasification Units (FSRU) in Gas umgewandelt
werden kann.
In Europa gibt es aktuell 37
LNG-Terminals, davon 26 in den EU-Mitgliedsländern. Deutschland hat bisher kein
eigenes LNG-Terminal. Die Bundesregierung plant den Bau von eigenen deutschen
Terminals und schwimmenden Anlagen. Letztere sollen zusammen auf eine Kapazität
von bis zu 27 Milliarden Kubikmetern Gas kommen. Das würde ausreichen, einen
erheblichen Teil der bisherigen russischen Erdgaslieferungen zu ersetzen.
Deutschland plant nun konkret
den Bau von zwei stationären LNG-Terminals in Brunsbüttel und Stade. Zudem
sollen mindestens vier schwimmende Anlagen an der Nordseeküste entstehen: eines
soll noch in 2022 in Wilhelmshaven und ein weiteres in 2023 Brunsbüttel ans
Netz gehen. Zwei weitere FSRU-Anlagen sollen folgen. Als Standorte sind Stade,
Rostock, Hamburg und Eemshaven in den Niederlanden im Gespräch.
Bei dem geplanten
Floating-LNG-Terminal in Wilhelmshaven ist die Anbindungsleitung zum Gasnetz
mit 30 km relativ kurz. Bereits Ende 2022 soll der Anschluss an das europäische
Gasnetz fertig sein. Wenn das klappt, kann der LNG-Import bereits Anfang 2023
starten. Die Arbeiten an den rechtlichen Grundlagen laufen parallel – sowohl
zur Errichtung und Inbetriebnahme der LNG-Terminals als auch zur Beschleunigung
von Vergabeverfahren.
Verbraucherfragen (Privathaushalte)
1. Wie kann ich effektiv meinen Gasverbrauch als Haushaltskunde im Alltag absenken?
Wichtig ist, sich zunächst einen Überblick über den Gasverbrauch zu verschaffen. Hierfür eignen sich Online-Energiechecks. Auch der Heizspiegel (www.heizspiegel.de) bietet eine erste Orientierungshilfe. Tipps und Maßnahmen bietet auch die „80 Millionen gemeinsam für Energiewechsel“- Kampagne des BMWK.
Es gibt ein paar einfache und schnell umsetzbare Maßnahmen für den Einstieg ins Energiesparen. Sie zielen darauf ab, das eigene Verhalten zu ändern und so den Verbrauch zu reduzieren.
Dazu gehören zum Beispiel:
- Stoßlüften
- Raumtemperatur um 1-2 Grad abzusenken
- Dichtungen von Fenstern und Außentüren überprüfen
- Heizung regelmäßig warten lassen
- auf die richtige Heizungseinstellung achten: Nachtabsenkung und die Heizkurve richtig einstellen lassen, insbesondere bei älteren Gebäuden mit überdimensionierten Heizkörpern.
Etwas aufwändiger, aber wirksam sind die Maßnahmen auf fortgeschrittenem Level.
Dazu gehören:
- Thermografie: Eigentümer können ihr Haus auch von Energieberatern mittels Thermografie prüfen lassen. Dabei wird ein Wärmebild erstellt, das Schwachstellen in der Gebäudehülle offenlegt.
- Hydraulischer Abgleich: So wird ermittelt, ob sich gerade in größeren Gebäuden die Wärme gleichmäßig verteilt oder es Potenzial zur Optimierung gibt. Unter bestimmten Umständen gibt es dafür auch eine Förderung über die „Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen“.
- Alternativen zur Gasheizung: Mittelfristig sollten Haushaltskunden sich mit der Frage beschäftigen, wie sie ihr Gebäude künftig anders beheizen können. Zu den Alternativen zählen unter anderem eine Wärmepumpe oder Anschluss an ein (Fern-) Wärmenetz.
2. Gibt es Möglichkeiten, meine Gasheizung zügig durch eine Alternative zu ersetzen? Wenn ja, was bietet sich am ehesten an?
Die eine, allgemein gültige Alternative gibt es nicht. Welche Alternativen sinnvoll sind, hängt vom Gebäude selbst ab – zum Beispiel von Faktoren wie Sanierungsmöglichkeiten oder PV-Anlagen etc.
Es lohnt sich auf jeden Fall,
sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Denn die Bundesregierung plant ohnehin,
ab dem 1. Januar 2024 nur noch neue Heizungen mit einem erneuerbaren Anteil von
65 Prozent zuzulassen.
Da bei den Planungen zum Umstieg jedoch eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt werden müssen, ist es sinnvoll, sich fachmännische Hilfe zu holen. Es lohnt sich, zuerst eine professionelle Energieberatung durchführen zu lassen - zum Beispiel bei seinem Stadtwerk / kommunalen Energieversorger. Das wird auch von der Bundesregierung über die „Bundesförderung für Energieberatung für Wohngebäude “ gefördert.
Zum Ablauf einer
Energieberatung: Im ersten Schritt werden Gebäudehülle und Anlagentechnik,
inkl. eventuell vorhandener erneuerbarer Anlagen, geprüft. Im zweiten Schritt
erstellt der Energieberater für den Eigentümer einen Bericht und schlägt
Handlungsoptionen vor - für eine schrittweise Sanierung über einen längeren
Zeitraum oder auch für eine Gesamtsanierung “in einem Abwasch” zu einem
Effizienzhaus. Auch bei der Umsetzung besteht unter Umständen die Möglichkeit,
eine Förderung zu bekommen (“Bundesförderung effiziente Gebäude”).
Energieberatung zahlt sich insofern noch mehr aus, als dass der
Koalitionsvertrag der Ampel-Bundesregierung vorsieht, dass ab 01.01.2024 bei
wesentlichen Ausbauten, Umbauten und Erweiterungen bei Bestandsgebäuden die
auszutauschenden Teile dem Effienzhaus-70-Standard entsprechen sollen.
3. Kann ich kurzfristig an das Fernwärmenetz angeschlossen werden?
Das hängt von der Situation vor Ort ab. Es gibt zwei zentrale Punkte.
Erste Voraussetzung für einen
Anschluss ist natürlich, dass überhaupt ein Fernwärmenetz vorhanden ist.
Infrastrukturen der Daseinsvorsorge sind langlebig. Sie werden für Generationen
gebaut. Und es sind Maßanfertigungen: optimal zugeschnitten auf die Situation
vor Ort. Eine neue Leitung lässt sich nicht auf Knopfdruck verlegen. Sofern ein
Fernwärmenetz vor Ort ist, ist ein kurzfristiger Anschluss möglich.
Zweite Voraussetzung sind die
gesetzlichen Anforderungen, die erfüllt sein müssen, um einen Anschluss an ein
Fernwärmenetz zu bekommen. Der springende Punkt ist die Nutzungs- und
Eigentümerstruktur. Im Kern gilt: Für Eigentümer, die ihr Haus ans Fernwärmenetz
anschließen möchten, ist es leichter als für Eigentümer, die ihre Mieter ans
Fernwärmenetz anschließen wollen.
Bei Mietswohnungen muss man das
Mietrecht in Kombination mit der Wärmelieferverordnung beachten. Ein Anschluss
an die Fernwärme wäre ein Umstieg von der Eigenversorgung auf gewerbliche
Wärmelieferung - während das Mietverhältnis natürlich weiterläuft. Das wird
klar geregelt. Zentrales Hemmnis ist der sogenannte Kostenvergleich bzw. das
Gebot der Kostenneutralität. Die Kosten der Wärmelieferung durch Fernwärme
dürfen die Kosten der Eigenversorgung mit (Raum-)Wärme oder Warmwasser nicht
überschreiten. Dieser Grundsatz vom Gesetzgeber soll Mieter vor
Warmmietensteigerungen schützen. Wenn die Kosten bei Fernwärme höher wären,
dürften sie nicht als Betriebskosten an die Mieter weitergegeben werden.
Der Knackpunkt: Die Berechnungsmethodik des Kostenvergleichs stützt sich auf die letzten drei Abrechnungszeiträume. Doch diese Zeiträume berücksichtigen natürlich nicht, dass sich nun im Jahr 2022 wesentliche Variablen für die Kalkulation - Beispiel: Ölembargo oder Preissteigerungen bei Gas – enorm verändert haben. Ohne Kostenneutralität kann der Vermieter die Kosten für die Fernwärmeversorgung jedoch nicht über die Betriebskosten abrechnen. Im Kern werden Mietrecht und Wärmelieferverordnungen also den architektonischen Veränderungen der energiepolitischen Zeitenwende von Februar 2022 und ihren Implikationen für Preise und Versorgungssicherheit gerecht. Eigentümern fehlt der Anreiz. Der Kostenvergleich und die gebotene Kostenneutralität führen also in der Praxis dazu, dass sich ein Anschluss ans Fernwärmenetz bei Mietswohnungen also wirtschaftlich in der Regel nicht lohnt. Die Folge: Die Risiken verbleiben in erster Linie bei den Mieterinnen und Mietern.
Einfacher ist es für
Eigentümer, die ihre eigene Immobilie bewohnen. Sie müssten sich an den
Netzbetreiber wenden. Die Kosten für den Anschluss variieren, weil sie abhängig
von Faktoren wie Leitungslängen oder Anlagenleistung sind. Ob eine Förderung
möglich ist, entscheidet sich unter anderem am Anteil der erneuerbaren Energien
an der Fernwärme. Also, ob es sich um grüne Wärme handelt. Mieter hingegen
müssten ihren Wunsch natürlich zunächst an ihre Vermieter bzw. die
Eigentümergemeinschaft tragen.
Ist jedoch kein Fernwärmenetz
vor Ort vorhanden, dann ist kurzfristig kein Anschluss möglich.
4. Woran erkenne ich als Mieter, ob ich mit Gas heize und meine Warmwasserversorgung auf Gas basiert?
Falls Sie sich nicht sicher sind, ob Sie Gas beziehen oder wie bei Ihnen geheizt wird, hilft ein Blick in die Nebenkostenabrechnung oder fragen Sie den Vermieter bzw. die Hausverwaltung.
5. Ist mein Vermieter verpflichtet, mir frühzeitig einen Hinweis zu geben, wenn meine Abschläge nicht ausreichen, um meine Rechnung zu bezahlen?
Höchstwahrscheinlich werden die Energiepreise weiter steigen. Wer eine wahrscheinliche, hohe Nachzahlung vermeiden will, sollte, wenn möglich, dringend seine Abschlagszahlungen, also seine Betriebs-/Nebenkostenvorauszahlungen, erhöhen.
Das empfehlen auch
Mietervereine. Vermieter wiederum können ihren Mietern eine Erhöhung der
Abschläge nur empfehlen. Das Heft des Handelns haben also die Mieter selbst in
der Hand.